Am 08.07.2020 wurde die erste ressortübergreifende Gleichstellungsstrategie einer Bundesregierung überhaupt vom Bundeskabinett beschlossen. Unter dem Motto "Stark für die Zukunft" sind alle Strategieziele der gesamten Bundesregierung zur Gleichstellung von Frauen und Männern vereinbart.
Daran haben sich nun in Folge alle Ministerien bei der Ausgestaltung ihrer Förderprogramme oder Gesetzgebungen zu orientieren. Die Gleichstellungsstrategie setzt sich zusammen aus drei zentralen gleichstellungspolitische Herausforderungen sowie 9 Zielen für die Gleichstellung und Maßnahmen zur Umsetzung. Für die Gesamtstrategie werden alle Beiträge der Ressorts gebündelt.
Vor allem Frauen sind von Benachteiligungen am Arbeitsmarkt betroffen. Es gilt, faire Einkommensperspektiven zu schaffen und mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen. Ein Baustein zur Schließung der Lohnlücke ist das Gesetz zur Förderung der Entgelttransparenz zwischen Frauen und Männern. Beschäftigte in Betrieben ab 200 Mitarbeiter*innen können seit Januar 2018 einen individuellen Auskunftsanspruch geltend machen und Auskunft über die Entgeltstrukturen in ihrem Betrieb verlangen.
Um den Anteil von Frauen in Führungspositionen signifikant zur erhöhen, trat am 1. Mai 2015 das Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in Kraft. Zuvor war der Frauenanteil in den Führungsetagen deutscher Unternehmen jahrelang stagniert. Zwei Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes zeigt sich: Die Quote wirkt. Alle Unternehmen, die unter die Regelung der festen Quote fallen und neue Aufsichtsratsposten zu besetzen hatten, haben sich an die feste Quote gehalten. Sofern nicht schon ein Frauenanteil von 30 % erreicht war, wurden frei werdende Aufsichtsratsposten durchgehend mit einer Frau nachbesetzt. Mit dem Programm "Zielsicher" will die Bundesregierung Unternehmen bei der Umsetzung des Gesetzes für mehr Frauen in Führungspositionen unterstützen.
Um mehr Frauen den Aufstieg in Führungspositionen in Unternehmen oder Institutionen mit wirtschaftsnahen Strukturen in Mecklenburg-Vorpommern zu ermöglichen, gibt es seit Januar 2013 das landesweite Cross-Mentoring-Programm "Aufstieg in Unternehmen - Mentoring für Frauen in der Wirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern". In dem Projekt fördert eine erfahrene weibliche oder männliche Führungskraft (Mentor*in) eine weibliche Nachwuchsführungskraft (Mentee) in ihrer beruflichen und persönlichen Entwicklung über einen Zeitraum von ca. einem Jahr. Die Mentees und Mentoren*innen kommen dabei aus unterschiedlichen Unternehmen, um von den verschiedenen Erfahrungen und Unternehmenskulturen der anderen zu profitieren.
Unternehmen aller Größenklassen können sich freiwillig einem Entgeltgleichheits-Check unterziehen. Der eg-check ist ein Analyseinstrument für Betriebe, mit dem die Ursachen von ungleicher Bezahlung sichtbar gemacht werden können. Der Entgeltgleichheits-Check zeigt die konkreten Ursachen auf und berechnet das finanzielle Ausmaß einer Benachteiligung. Auf den Prüfstand sind sowohl schriftlich niedergelegte Entgeltregelungen als auch die betriebliche Entlohnungspraxis zu stellen, denn in beiden Bereichen kann es zu Benachteiligungen kommen.
Der gb-check ist ein Set von Analysewerkzeugen zur Prüfung der Gleichbehandlung von Frauen und Männern im Arbeitsleben. Die Werkzeuge ermöglichen eine Einschätzung, inwieweit Arbeitgeber*innen die Gleichbehandlung der Geschlechter in verschiedenen Bereichen von Arbeit und Beschäftigung bereits gewährleisten. Außerdem lassen sich Maßnahmen entwickeln, wie Gleichbehandlung zukünftig gewährleistet werden kann.
Unternehmen und Institutionen können für die Prüfungen / Checks ein Zertifikat von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes erhalten. Die Prüfung sollte von einer betrieblichen Projektgruppe aus Mitarbeiter*innen unterschiedlicher Bereiche des Unternehmens durchgeführt werden. Die Projektgruppe kann die Prüfung mit Unterstützung einer externen Begleitung oder selbstständig durchführen.
In der Gesellschaft herrschen noch immer tradierte Rollenmuster vor: Frauen werden typische Eigenschaften wie fleißig, fürsorglich, hilfsbereit und gefühlvoll zugeschrieben. Jungen dagegen erfahren nach wie vor, dass "Mann" Haupternährer der Familie sei sowie karrierebewusst, leistungsorientiert, stark und cool zu sein habe. Diese klischeebelasteten Geschlechterrollen werden in der Familie gefestigt, durch Medien bestärkt und auch in der Schule teilweise vermittelt.
Statistiken belegen, dass Mädchen die besseren schulischen Leistungen erbringen. Doch dies spiegelt sich nicht in ihrer beruflichen Entwicklung wider. Im Berufsfindungsprozess reduzieren Mädchen ihre Berufswahl überwiegend auf zehn sogenannte frauentypische Berufe wie Verkäuferin, Bürokauffrau oder Friseurin. Damit haben sie weniger Aufstiegsmöglichkeiten, weniger Arbeitsplatzsicherheit und ein geringeres Einkommen. Dies wiederum hat im späteren Lebensverlauf zur Folge, dass Frauen häufiger von Altersarmut betroffen sind als Männer. Jungen hingegen beziehen soziale oder erzieherische Berufe wie Altenpfleger oder Erzieher kaum in ihre Berufswahl ein oder trauen sich nicht, diese als typische Frauenberufe geltenden Tätigkeiten zu wählen.
Die Bundesregierung hat den nationalen MINT-Pakt geschlossen. Unter dem Motto "Komm, mach MINT" soll jungen Frauen gezeigt werden, wie die heutige MINT-Berufswelt aussieht und welche Chancen sich für Frauen eröffnen.
Es ist notwendig, das gesamte Spektrum der Berufswelt in den Blick zu nehmen. Deswegen gibt es neben dem Girls' Day seit einigen Jahren auch den Boys' Day. Ziel dieses Aktionstages ist es, den Mädchen und Jungen Einblick in Berufsfelder zu vermitteln, welche sie im Prozess der Berufsorientierung nur selten in Betracht ziehen. Anhand von praktischen Beispielen erleben die Teilnehmer*innen in Laboren, Kindertagesstätten, Altenpflegeheimen, Hotels und Werkstätten, wie interessant und spannend diese Arbeit sein kann.
Die Initiative "Klischeefrei" unterstützt alle am Berufswahlprozess Beteiligten, die Mädchen und Jungen auf ihrem Weg in den Beruf begleiten, der zu ihren Stärken passt – frei von Geschlechterklischees. Das Webportal der Initiative "Klischeefrei" bietet alltagstaugliches (Unterrichts-)Material, Hintergrundinformationen und Beispiele gelungener Praxis zur geschlechtersensiblen Berufsorientierung. Es richtet sich an Fachkräfte aus der Frühkindpädagogik, aus Schulen und Hochschulen, aus Unternehmen und Gewerkschaften sowie aus der Berufsberatung, aber auch an Eltern.
Die gleichberechtigte Aufgabenteilung in Familie und Beruf von Frauen und Männern hat nachweislich an Akzeptanz gewonnen. Mit dem Elterngeld und dem neuen ElterngeldPlus, der Absetzbarkeit von Betreuungskosten, dem flächendeckenden Ausbau der Kinderbetreuung und einem erweiterten Ganztagsschulangebot wurden entscheidende Weichen durch die Bundesregierung für eine bessere Vereinbarkeit von Erwerbs- und Privatleben gestellt. Das ElterngeldPlus und die Partnerschaftsmonate führen zu mehr Partnerschaftlichkeit in der Erziehung und ermöglichen Frauen frühzeitiger in den Beruf einzusteigen. Das Aktionsprogramm "Perspektive Wiedereinstieg" verbessert die Ein- und Aufstiegschancen von Frauen nach einer familienbedingten Erwerbsunterbrechung.
Die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an gesellschaftlichen Prozessen ist nach wie vor eine Herausforderung. Möglich ist das nur, wenn auch die unbezahlte Sorgearbeit - der Einsatz für Familie, Haushalt und Ehrenamt - von Frauen und Männern gemeinsam wahrgenommen wird. Frauen wenden pro Tag im Durchschnitt 52,4 % mehr Zeit für unbezahlte Sorgearbeit auf als Männer. Dieser Unterschied wird als "Gender Care Gap" bezeichnet. Umgerechnet sind das 87 Minuten Unterschied. So leisten Männer pro Tag im Schnitt zwei Stunden und 46 Minuten unbezahlte Sorgearbeit, bei Frauen sind es vier Stunden und 13 Minuten (vgl. Gutachten für den zweiten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung). Das hat Konsequenzen für die Arbeitszeiten von Frauen und Männern: Männer arbeiten häufiger in Vollzeit als Frauen. Teilzeitbeschäftigung kommt bei Frauen deutlich häufiger vor als bei Männern.
Eine partnerschaftliche Teilung der Sorgearbeit fördert die gleichberechtigten Chancen von Frauen und Männer auf dem Arbeitsmarkt.
Der digitale Gleichstellungsatlas liefert einen umfassenden Überblick über die regionalen Unterschiede bei der Gleichstellung von Männern und Frauen in Deutschland. Anhand von 38 Indikatoren zeigt er auf, wie hoch der Anteil von Frauen an Führungspositionen in Politik, Wissenschaft und Wirtschaft ist, welche geschlechtsspezifischen Unterschiede es bei Bildung und Berufswahl gibt oder wie sich Männer und Frauen Erwerbs- und Sorgearbeit aufteilen.
Eine partnerschaftliche Teilung der Sorgearbeit fördert die gleichberechtigten Chancen von Frauen und Männer auf dem Arbeitsmarkt.
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes arbeitet auf Grundlage des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes. Das AGG schützt vor Diskriminierung aus rassistischen Gründen oder wegen der ethnischen Herkunft, der Religion oder Weltanschauung, der sexuellen Identität, des Geschlechts, des Alters oder einer Behinderung. Die Antidiskriminierungsstelle unterstützt und berät Personen, die Benachteiligungen erfahren haben.
Der Landesfrauenrat Mecklenburg-Vorpommern e. V. (LFR) engagiert sich für mehr Chancengleichheit und gleichwertige Lebensperspektiven für Frauen und Männer, Mädchen und Jungen im Land. Der LFR vertritt als Dachverband von 48 Frauenvereinen, gemischten Verbänden und Organisationen die Interessen zum Thema Gleichstellung in öffentlichen politischen Debatten sowie landespolitischen Entscheidungen.