Bundestagswahl 2025 für Kinder und Jugendliche erklärt

Neues ab 2025! Alle Infos für Familien in Mecklenburg-Vorpommern

Netzwerkkonferenz 2024: Gemeinsam Brücken bauen in der Familienbildung!

Was macht das Pflege-Familien-Zentrum Rostock?

Hallo Frau Widuckel, danke, dass Sie sich Zeit für den Blog nehmen. Stellen Sie sich bitte einmal kurz vor.

Hallo. Ich bin Susann Widuckel und habe letztes Jahr mein Studium der Sozialen Arbeit beendet. Davor habe ich eine Ausbildung zur Mediengestalterin in Berlin gemacht und freue mich nun, dass ich seit Oktober 2023 meine Erfahrungen aus Beidem im Pflege-Familien-Zentrum miteinbringen darf.

Seit wann gibt es „Das Kind im Blick“ Pflege-Familien-Zentrum Rostock?

Gerade erst im letzten Jahr September hatte das Pflege-Familien-Zentrum sein 15. Jubiläum. Dieses Jahr sind es dann schon fast 16 Jahre.

Was sind Ihre die Aufgaben und Arbeitsschwerpunkte?

Wir, „Das Kind im Blick“ – Pflege-Familien-Zentrum der Caritas, wurden damit beauftragt, Pflegefamilien zu finden, die den besonderen Herausforderungen einer Pflegschaft gewachsen sind und begleiten bestehende Pflegeverhältnisse. Dabei arbeiten wir eng mit dem Jugendamt und anderen Institutionen zusammen.
Des Weiteren vermitteln wir Pflegekinder in Pflegefamilien und haben im Prozess der Pflegschaft die Aufgabe, im guten Kontakt zur Pflegefamilie zu stehen, Eltern zu begleiten, die Entwicklung und Bedürfnisse des Pflegekindes einzuschätzen und in Konfliktsituationen beratend tätig zu werden. Wir arbeiten mit den Herkunftsfamilien zusammen, um mögliche Umgangskontakte zwischen dem Pflegekind und seinen Eltern zu organisieren und zu unterstützen. Es ist von großer Bedeutung, Eltern darin zu unterstützen, trotz aller Umstände gute Wegbegleiter für ihr Kind zu bleiben und sich in ihre neue Rolle einzufinden.

Wir machen Öffentlichkeitsarbeit um über die Pflegekinderhilfe zu informieren und aufzuklären und wollen mit einer sorgfältigen und umfassenden Akquise neue Pflegeeltern finden und Sie auf Ihrem Weg umfassend unterstützen. Dazu gehören regelmäßig stattfindende Informationsabende, individuelle Beratungen von Interessierten, die 2-mal im Jahr stattfindenden Vorbereitungskurse und der Bewerbungs- & Anerkennungsprozess, in dem die Eignung der Bewerber*innen festgestellt wird.

Um Pflegeeltern zu stärken, ihnen zusätzliches Wissen zu vermitteln und auch Raum zu lassen für den Austausch mit anderen Pflegeeltern, bietet das Pflege-Familien-Zentrum regelmäßig Fortbildungen und Supervisionen zu unterschiedlichen Themen an.

Wie wird man eine Pflegefamilie? Was gibt es für Voraussetzungen?

Menschen, die den Gedanken haben Pflegefamilie zu werden, besuchen meist eine unserer Informationsveranstaltungen oder haben bereits ein Vorgespräch mit einem Mitarbeitenden des Pflege-Familien-Zentrums geführt. Wenn das Interesse weiterhin besteht, haben Sie die Möglichkeit sich zu einem unserer Vorbereitungskurse anzumelden. Dieser Kurs dauert 3-4 Monate, bei dem an 11 Abenden und einem Wochenendseminar die Interessierten auf die kommenden Aufgaben und Verantwortungen vorbereitet werden. Sie können sich mit verschiedenen Themen bezüglich der Pflegekinderhilfe auseinandersetzen. Neben der Wissensvermittlung ist dieser Vorbereitungskurs eine tolle Möglichkeit aneinander kennenzulernen und Teil einer Gemeinschaft zu werden.

Um Pflegeeltern zu werden, müssen Bewerber*innen bestimmte Voraussetzungen erfüllen und nach dem Vorbereitungskurs einen Bewerbungsprozess durchlaufen. Hier müssen Bewerber*innen eine Bewerber*innenmappe einreichen, die Kenntnis über die Motivation und über die gesundheitliche und finanzielle Situation geben soll. Zudem müssen die Bewerber*innen ein erweitertes Führungszeugnis einreichen. Gleichzeitig führen wir Gespräche mit den potenziellen Eltern, um die Familiensituationen, Biografie und das „neue Zuhause“ kennenzulernen. Anhand dieses Bewerbungsprozesses können sowohl wir als auch das Jugendamt die Eignung der Bewerber*innen feststellen, damit sie als Pflegefamilie anerkannt werden.

Pflegefamilie können Familien, Paare oder Alleinstehende werden. Alle Lebensformen, die in unserer Gesellschaft vertreten sind, können geeignete Lebensorte für Pflegekinder bieten. Wir suchen Menschen, die gesellschaftliche Verantwortung tragen möchten, die gern mit Kindern leben und sich mit Ihnen freuen können, die auch mit den leiblichen Eltern im Kontakt bleiben und die offen mit den Fachkräften zusammenwirken. Menschen, die eben bereit sind ein Kind vorübergehend oder auf Dauer bei sich aufzunehmen und ihnen eine liebevolle und sichere Umgebung bieten möchten.

Was gehört alles zu den Aufgaben der Pflegeeltern? Welche gesetzlichen Rahmenbedingungen müssen beachtet werden?

Was Pflegeeltern leisten, lässt sich kaum in wenigen Sätzen beschreiben. Die Aufgaben der Pflegeeltern sind vielseitig und von großer Bedeutung für die Entwicklung und das Wohlbefinden des Kindes. Zunächst einmal sind Pflegeeltern für die grundlegende und gesundheitliche Versorgung und Betreuung des Kindes verantwortlich. Darüber hinaus unterstützen und fördern sie das Kind in seiner körperlichen, geistigen und emotionalen Entwicklung und bieten dem Kind eine liebevolle und sichere Umgebung.

Ein wesentlicher Aspekt ist auch die Erziehung und Förderung des Kindes. Pflegeeltern vermitteln Werte und soziale Kompetenzen und unterstützen die individuellen Fähigkeiten und Talente des Kindes. Sie helfen dem Kind, sich in die Gemeinschaft und das soziale Umfeld zu integrieren. Pflegeeltern bauen eine vertrauensvolle und stabile Bindung zu dem Kind auf und bieten ihm emotionale Sicherheit und Unterstützung.

Darüber hinaus ist es wichtig, dass Pflegeeltern bereit sind mit dem Jugendamt und dem Pflege-Familien-Zentrum zusammenzuarbeiten. Wir möchten, dass Pflegeeltern mit ihren Aufgaben nicht alleine gelassen werden. Daher bieten wir regelmäßige Beratungen an und unterstützen die Pflegeeltern in all ihren Belangen. Bei regelmäßig stattfindenden Hilfeplangesprächen haben die Pflegeeltern die Möglichkeit, sich gemeinsam mit dem Jugendamt und dem Pflege-Familien-Zentrum über die Themen und Entwicklung des Kindes auszutauschen.

Die gesetzlichen Rahmenbedingungen sind klar definiert und im SGB VIII geregelt. Pflegeeltern benötigen eine Pflegeerlaubnis vom Jugendamt, die nach einer vielseitigen Eignungsfeststellung erteilt wird. Diese umfasst persönliche, gesundheitliche und wirtschaftliche Aspekte. Zwischen den Pflegeeltern und dem Jugendamt wird eine Pflegevereinbarung geschlossen, die die genauen Bedingungen und Verantwortlichkeiten regelt. Zur Unterstützung erhalten die Pflegeeltern Pflegegeld.

Auch die Rechte der leiblichen Eltern, wie das Umgangsrecht, müssen berücksichtigt werden, solange dies dem Kindeswohl nicht entgegensteht.
Pflegeeltern sollten ein hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein, Empathie, Geduld und Offenheit für die besonderen Herausforderungen von Pflegekindern mitbringen und einen respektvollen und verständnisvollen Umgang mit deren Biografie und Erfahrungen pflegen. Pflegeeltern leisten einen unverzichtbaren und so wichtigen Beitrag zur positiven Entwicklung und zum Wohlbefinden des Pflegekindes.

Wie läuft die Vermittlung eines Pflegekindes ab?

Von der Anerkennung als Pflegeeltern bis zur Vermittlung eines Kindes kann eine gewisse Zeit vergehen. Nicht jede Familie ist die richtige für ein bestimmtes Kind und nicht jedes Kind passt in jede Familie. Die Vermittlungsprozesse sind immer wieder verschieden, weil die Bedarfslagen und die Lebensgeschichten individuell sind. In der Regel besteht zwischen den leiblichen Eltern und Jugendamt bereits eine Zusammenarbeit. Es kann sein, dass Eltern im Vorfeld Hilfen zur Erziehung beantragt haben und deutlich wird, dass eine Pflegfamilie die geeignetere Hilfe ist. Dann stellen die Eltern den Antrag auf diese Hilfeform. Häufig geschieht das aber auch über das Familiengericht. Die Vermittlung umfasst mehrere Schritte und wird vom Jugendamt und dem Pflege-Familien-Zentrum erarbeitet. Der Prozess ist sorgfältig strukturiert, um sicherzustellen, dass das Kind in ein sicheres und unterstützendes Umfeld kommt. Im Fokus stehen die Bedürfnisse des Kindes.

"Erst wenn alle ein gutes Gefühl entwickeln konnten, finden die Kontakte zwischen den Pflegeeltern und Kind statt und es beginnt der Anbahnungsprozess."

Zunächst wendet sich das Jugendamt an uns mit einem sogenannten Vermittlungsauftrag, der Auskunft über das zu vermittelnde Kind und deren Eltern gibt und den Bedarf ermittelt. Bevor überlegt wird, welche Pflegefamilie die passende sein könnte, werden Vorgespräche durch das Pflege-Familien-Zentrum mit den leiblichen Eltern geführt, um diese kennenzulernen, ihre Ansichten zu berücksichtigen und Vertrauen aufzubauen. Es ist wichtig, die Eltern in diesen Prozess miteinzubeziehen, da auch sie sich mit der Pflegefamilie wohlfühlen sollen, um gute Wegbegleiter für ihr Kind zu bleiben. Auch dem Kind gibt es Sicherheit und schützt es vor einem Loyalitätskonflikt, wenn die Eltern sich mit der Pflegefamilie verstehen. Auch für die im späteren Verlauf stattfindenden Umgangskontakte ist das von großer Bedeutung.

Ebenfalls werden Gespräche mit dem zu vermittelnden Kind geführt, um auch hier Vertrauen aufzubauen und die Bedürfnisse des Kindes kennenzulernen. Auf Grundlage der Bedarfsermittlung des Jugendamts, den Vorgesprächen mit dem Kind und seinen Eltern wird nun eine passende anerkannte Pflegefamilie gesucht. Daher ist der Vorbereitungskurs und der Bewerbungsprozess von enormer Bedeutung, da sie Erkenntnisse und Wissen über die möglichen Pflegeeltern geben und Grundlage für die Einschätzung sind, ob das Kind zu Ihnen passen könnte.

In einem nächsten Schritt lernen sich die Eltern und die potentielle Pflegefamilie kennen. Die Pflegeelternbewerber*innen erhalten alle Informationen, die zum Kind bekannt sind. Diese Gespräche sind meist sehr emotional berührend und beide stellen sich gegenseitig ihre Familien vor. Erst wenn alle ein gutes Gefühl entwickeln konnten, finden die Kontakte zwischen den Pflegeeltern und Kind statt und es beginnt der Anbahnungsprozess. Wie lange dieser dauert bestimmt einzig und allein das Kind und werden je nach Alter in diesem Prozess bestmöglich beteiligt. In mehreren, individuellen Treffen können sich Pflegeeltern und Kind näher kennenlernen und das Kind bekommt einen Eindruck von der Familie. Das können kurze Besuche und später auch Übernachtungen sein.

Wenn das Kind, Eltern und die Pflegefamilie sich miteinander wohlfühlen kann nach dem Anbahnungsprozess, der Übergang gestaltet werden und eine Pflegevereinbarung mit dem Jugendamt abgeschlossen werden. Das Pflegeverhältnis beginnt. In regelmäßigen Abständen finden Hilfeplangespräche mit allen Beteiligten statt, um zu schauen, wie sich das Kind in der Pflegefamilie entwickelt und welche Aufgaben jeder übernehmen sollte. Während des Pflegeverhältnisses werden die Pflegefamilien, das Pflegekind und die Eltern begleitet und unterstützt.

Welche Fragen werden Ihnen am häufigsten von den zukünftigen Pflegeeltern gestellt?

Vielen Dank für das Interview!

Der Landesjugendring MV im Porträt

Hallo Juliane Tetzlaff, danke, dass du dir die Zeit für den Blog nimmst. Stelle dich gern einmal kurz vor.

Ich heiße Jule, bin jetzt fünf Monate beim Landesjugendring M-V und für den Bereich Öffentlichkeitsarbeit und Medienbildung zuständig. Letzteres habe ich zwar nicht studiert, aber in vorherigen Berufen bei humanitären Organisationen von der Pike auf gelernt. Meine Abschlüsse in Politikwissenschaft (B.A) und Friedens- und Konfliktforschung (M.A.) helfen mir dabei, das große Ganze im Blick zu behalten: Demokratie braucht starke und vielfältige Jugendverbandsarbeit.

Seit wann gibt es den Landesjugendring Mecklenburg-Vorpommern und was verbirgt sich dahinter? Welche Bereiche gibt es? Was sind die Aufgaben und Arbeitsschwerpunkte?

Im Landesjugendring Mecklenburg-Vorpommern e. V. haben sich 20 landesweit aktive Landesjugendverbände, zwei Anschlussverbänden und der Landesrat der Stadt- und Kreisjugendringe zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen. Mit der Sportjugend Mecklenburg-Vorpommern besteht eine Kooperation, sich gemeinsam für die Belange von Kindern und Jugendlichen einzusetzen. Damit ist der 1990 gegründete Landesjugendring die größte Interessenvertretung für die Belange junger Menschen in ganz M-V.

Ziele und Aufgaben des Landesjugendring M-V sind (laut Satzung):

In der Geschäftsstelle arbeiten wir zu den Schwerpunkten Ehrenamt, Jugendbeteiligung und Jugendpolitik, Internationale Jugendarbeit, Jugendverbandsarbeit und Medienbildung.

Wie begleitet und unterstützt Ihr Kinder bzw. Jugendliche?

Jugendverbände sind Orte, die es jungen Menschen ermöglichen, vorurteilsfrei zu wachsen, sich auszuprobieren und mitentscheiden zu können. Die Erfahrung gehört, gesehen, mit einbezogen zu werden und mitgestalten zu können, ist gelebte Demokratie. Dieses Potential sichtbar zu machen und politische, gesellschaftliche und auch finanzielle Wertschätzung einzufordern, ist unsere wichtigste Aufgabe.
In diesem Sinne unterstützen wir Kinder und Jugendliche eher indirekt. Etwa indem wir Lobbyarbeit für ihre Belange bspw. bei Entscheidungsträger*innen und Gremien aus Politik und Verwaltung machen. Wie beim Jugendbeteiligungs- und Vielfaltsgesetz, welches in diesem Frühjahr verabschiedet wurde. Es ist auch das Ergebnis unserer langjährigen Forderung, eine rechtliche Grundlage für die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen zu schaffen und sie nachhaltig und verlässlich in allen Landkreisen und kreisfreien Städten zu verankern.
Außerdem stehen wir unseren Mitgliedsverbänden bei Fragen und Problemen mit Rat und Tat zur Seite. Beispielsweise bieten wir Inputs zu Themen wie Öffentlichkeitsarbeit an, informieren zu Fördermöglichkeiten oder Weiterbildungen. Und sind natürlich regelmäßig mit unseren Mitgliedsverbänden im Austausch. Positionspapiere oder Beschlüsse, die auf Hauptausschüssen oder der Vollversammlung verabschiedet werden, bestimmen maßgeblich, worauf wir in unserer Arbeit einen Fokus legen.

Die Projekte, bei denen wir direkt mit Jugendlichen arbeiten, sind unsere Beteiligungsprojekte und Veranstaltungen. Zu nennen wären hier vor allem "Jugend im Landtag" und "Jugend fragt nach". Jedes Jahr treffen sich junge Menschen aus ganz Mecklenburg-Vorpommern, um sich zu für sie wichtigen Themen auszutauschen und mit Landtagsabgeordneten ins Gespräch zu kommen. Darüber hinaus haben wir in diesem Wahljahr mehrere Aktionen und Veranstaltungen für Erstwähler*innen organisiert. In ganz M-V wurde das Planspiel „leben, lieben, Kreuzchen machen“ gespielt, um jungen Menschen wichtiges Wissen über Kommunalpolitik zu vermitteln.

Viel Herzblut steckt auch im Bereich Internationale Jugendarbeit, die wir als LJR M-V ausdrücklich fördern und stärken wollen. Wir machen deshalb auf Angebote für junge Menschen aufmerksam und beraten Interessierte dazu, wie Jugendbegegnungen auf die Beine gestellt werden können. Vor allem im deutsch-französischen Bereich ist in den vergangenen zwei Jahren einiges passiert. Es finden regelmäßig Begegnungen in M-V oder Frankreich statt, die von uns beratend begleitet wurden. Ganz neu ist auch die jährliche Netzwerkveranstaltung für Träger*innen.

Welche Bereiche / Themen werden am häufigsten von den Kindern und Jugendlichen bei Euch nachgefragt?

Wir sind ein wichtiger Ansprechpartner, wenn es um den Erwerb oder die Ausstellung der Jugendleiter*innencard (JuLeiCa) geht. Entweder weil Kinder und Jugendliche sich generell über die Inhalte und den Erwerb der JuLeiCa informieren wollen, die nächsten Schulungen nachfragen oder ihre Karte bei uns beantragen. Junge Menschen wenden sich auch an uns, wenn sie Unterstützung und Beratung in Beteiligungsfragen brauchen. Das kann von der Gestaltung eines Spielplatzes bis zur Gründung einer Jugendvertretung reichen.
Ein weiteres großes Thema sind Ferienangebote. Jedes Jahr veröffentlichen wir einen Ferienkalender, in dem wir Angebote unserer Mitgliedsverbände oder von externen Träger*innen sammeln. Selbstverständlich beantworten wir dann auch Nachfragen dazu. In eine ähnliche Richtung geht unsere Expertise im Bereich internationaler Jugendaustausch. Häufig gibt es Nachfragen zu Veranstaltungen. Aufgrund der Bandbreite unseres Angebots sind auch die Fragen breit gestreut.

Kontaktaufnahme: Wo ist der Landesjugendring Mecklenburg-Vorpommern zu finden? Wie kann man Kontakt aufnehmen?

Am schnellsten geht’s per Telefon oder E-Mail. Auf unserer Webseite ljrmv.de findet ihr die richtigen Ansprechpartner*innen für eure Themen. Oder ihr richtet eure Anfrage per Mail an info@ljrmv.de oder per Post an: Landesjugendring Mecklenburg-Vorpommern, Goethestraße 73, 19053 Schwerin
Wir würden uns auch freuen, euch bei einer unserer Veranstaltungen zu treffen.

Kinder psychisch kranker Eltern: Einblick in die Arbeit der Landesfachstelle KipsFam MV

Hallo Frau Dr. Pomowski, danke, dass Sie sich Zeit für den Blog nehmen. Stellen Sie sich bitte einmal kurz vor.

Mein Name ist Kristin Pomowski, ich bin studierte Sozialarbeiterin/Sozialpädagogin und habe bereits bei meinem Berufseinstieg 2005 mit Familien zusammengearbeitet, in denen psychische Erkrankung eine Rolle spielten. In der Sozialpädagogischen Familienhilfe habe ich Eltern mit psychischen Erkrankungen begleitet und mit ihnen auf die Situation ihrer Kinder geschaut.
Fast alle Kolleginnen in unserer Landesfachstelle haben in ihrem beruflichen Alltag mit der Thematik Berührung gehabt. Da wir alle aus unterschiedlichen Berufskontexten kommen, bringen wir unsere spezifische Erfahrungen mit den jeweiligen Versorgungs- und Unterstützungssystemen in unsere Arbeit ein.

Quelle: Privat

Seit wann gibt es das Projekt KipsFam MV und was verbirgt sich dahinter? Was sind die Aufgaben und Arbeitsschwerpunkte?

Die Landesfachstelle KipsFam wurde Anfang 2023 vom Ministerium für Soziales, Gesundheit und Sport MV initiiert. Sie ist beim Landesverband Sozialpsychiatrie MV e.V. angesiedelt und wird mit Mitteln aus dem Europäischen Sozialfonds ESF+ gefördert (vorerst bis Dezember 2025, mit Option auf Verlängerung bis Ende 2028).
Wir wissen, dass Kinder und Jugendliche aus psychisch und/oder suchtbelasteten mit spezifischen Herausforderungen konfrontiert sind und daher ein vielfach erhöhtes Risiko haben, selbst psychisch zu erkranken. Allerdings sind sie oft sehr angepasst, still und kaum sichtbar – psychische Erkrankungen sind nach wie vor mit einem großen Stigma belastet. Die Familien nehmen kaum Hilfen in Anspruch und sind daher für die Versorgungs- und Unterstützungssysteme schwer erreichbar. Die betroffenen Familien dürfen aber nicht allein gelassen werden.
2019 haben wir in einer Bestandsaufnahme festgestellt, dass es in MV an wohnortnahen, altersgerechten, niedrigschwelligen und digitalen Anlaufstellen für Kinder aus psychisch und/oder suchtbelas-teten Familien mangelt. Besonders auf dem Land. Die Wege sind lang und die Verfahren starr, wofür die Kraft der Familien oft nicht ausreicht. Jetzt wollen wir unterschiedliche Akteur*innen zusammenbringen und gemeinsam neue Ansätze entwickeln. Unser Ziel ist es, langfristig in allen acht Gebietskörperschaften familienorientierte und leicht zugängliche Angebote zu haben und so die Versorgung der betroffenen Kinder und Jugendlichen in MV nachhaltig zu verbessern.

Was können Kinder tun, wenn sie bemerken, dass ihre Eltern süchtig sind?

Eine Sucht ist eine psychische Erkrankung und kann verschiedene Gesichter haben. Manche Menschen trinken zu viel Alkohol oder nehmen andere Drogen zu sich. Andere leiden an Essstörungen (Bulimie, Magersucht etc.) oder Spielsucht. Daher ist es auch unterschiedlich, wie die Eltern sich verhalten und woran man ihre Sucht erkennen kann. Nicht immer ist es offensichtlich, weil der Atem beim Gute Nacht-Kuss nach Alkohol riecht oder überall Schnapsflaschen rumliegen.
Wichtig ist: Wenn Kinder vermuten, dass ihre Eltern süchtig sind und Hilfe benötigen, sollten sie sich jemandem anvertrauen. Es ist nicht ihre Aufgabe, für das Wohlergehen der Eltern zu sorgen. Andere Erwachsene, die von einer möglichen Sucht oder psychischen Erkrankung in der Familie wissen, können weitere Unterstützung holen. Und den Kindern zeigen: Es ist nicht ihre Schuld, wenn es Mama oder Papa im Moment nicht gut geht – es gibt Fachpersonen, die helfen können.
Auf unserer Homepage www.blickauf-kipsfam.de geben wir u.a. Tipps, an wen Kinder, Jugendliche und Eltern sich wenden können, um Beratung und Hilfe zu erhalten. Wir zeigen auch, wie sie wieder etwas mehr Normalität in ihren Alltag holen können.

Wie geben Sie Unterstützung und Hilfe?

Die Landesfachstelle ist keine klassische Beratungsstelle für betroffene Familien, sondern Vernetzerin und Beraterin in der Region. Wir möchten Akteur*innen im Bundesland begleiten, zusammenbringen und so neue Unterstützungsangebote fördern. Oft fehlt es Fachkräften an Hintergrundwissen über Beantragung- und spezifischen Unterstützungsmöglichkeiten – dabei möchten wir zur Seite stehen.
Das Thema KipsFam ist ein Schnittstellenthema, es ist also notwendig, Akteur*innen aus verschiedenen Sektoren (Gesundheitswesen, Bildung, Freizeit, Kinder- und Jugendhilfe, Eingliederungshilfe etc.) an einen Tisch zu bringen. Die Landesfachstelle selbst ist auch intersektoral aufgebaut: Die Fachaufsicht ist an das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Sport MV gekoppelt und dort an zwei ver-schiedenen Referaten angesiedelt (Psychiatrie, Maßregelvollzug, Sucht und Prävention & Jugendhilfe, Jugendarbeit, Kinder und Jugendschutz). Durch die unterschiedlichen Professionen vereinen wir die Perspektiven der Sozialpsychiatrie, der Kinder- und Jugendhilfe, Kinder- und Jugendpsychiatrie und der Gesundheitsförderung und Prävention. Zudem gibt es weitere enge Kooperationspartner*innen auf Landesebene, zu denen ein enger Austausch besteht: Das GKV Bündnis für Gesundheit MV, die Landeskoordinierungsstelle für Suchtthemen MV (LAKOST MV), die Unimedizin Rostock und Schabernack (Zentrum für Praxis und Theorie der Jugendhilfe e.V.). Aktuell werden in allen Landkreisen und kreisfreien Städten regionale Anlauf- und Unterstützungsstel-len gegründet – KipsFam Regio. Ihre Aufgabe ist es, Angebote vor Ort zu koordinieren und voranzubringen, das Thema sichtbar zu machen, sich zu vernetzen und für Familien ansprechbar zu sein.

Aufklärung ist bei psychischen oder Suchterkrankungen sehr wichtig. Wie fördern Sie die Prävention?

Psychische Erkrankungen können jede*n treffen. Mit einer breit angelegten Öffentlichkeitsarbeit möchten wir das Stigma „psychisch krank“ abbauen. Mit verschiedenen Formaten wie Homepage, Social Media, Veranstaltungen, Newsletter usw. klären wir über Hintergründe und Hilfsangebote auf. Dabei möchten wir auch dafür sensibilisieren, im Falle einer psychischen Erkrankung die Kinder mitzudenken. Wenn Erwachsene beispielsweise wegen einer Depression in Therapie gehen oder in einer Klinik behandelt werden, sollte immer geprüft werden – Ist die Patientin Mutter? Hat der Patient Kinder? Sind sie versorgt? Das ist unser größtes Anliegen: Wir möchten diese Kinder und ihre Bedarfe sichtbar machen. Dazu zählt auch Früherkennung: Es muss sichergestellt sein, dass Belastungen in der Familie früh gesehen werden – sei es durch die Kinderärztin bei der U-Vorsorgeuntersuchung, den Trainer*innen im Fußballverein oder die Lehrkraft an der Schule. Das können wir nur erreichen, wenn alle Systeme aus den unterschiedlichen Lebensbereichen der Kinder und Jugendlichen und Familien zusammenarbei-ten: Verwaltung, klinische Versorgung, Kinder- und Jugendhilfe, frühkindliche und schulische Bildung, Prävention und Gesundheitsförderung, Beratung und Therapie, Arbeit etc. – alle Institutionen sollen ihre Unterstützungsleistungen familienorientiert konzipieren und nicht nur die Einzelperson, sondern die gesamte Familie sehen. Daher wollen wir Fachkräfte aus unterschiedlichen Sektoren weiterbilden.

Wie erkennt man bei Kindern Anzeichen einer Belastung durch die Erkrankung der Eltern?

Eine psychische Erkrankung oder Suchterkrankung der Eltern belastet das gesamte Familiensystem, insbesondere die Kinder. Sie müssen in jungen Jahren elterliche Aufgaben übernehmen und sind oft seelisch überfordert. Wenn Eltern in psychischen Ausnahmezuständen und Krisen stecken, können sie die Bedürfnisse ihrer Kinder nicht immer sehen. Die Kinder und Jugendlichen machen sich häufig Sorgen um ihre Eltern, fühlen sich schuldig oder schämen sich dafür, dass ihre Eltern so anders oder seltsam sind. Das führt zu Tabuisierung, Isolation, Überforderung und Stress.
Für Außenstehende ist diese Belastung oft nur schwer zu erkennen. Viele betroffene Kinder isolieren sich und vernachlässigen mehr und mehr ihre sozialen Kontakte. Besonders, wenn sie sich zuhause auch um jüngere Geschwister kümmern müssen, wirken die Kinder plötzlich müde oder unzuverlässig, die Leistungen in der Schule fallen ab. Auch sehr auffallendes, eventuell aggressives Verhalten können erste Anzeichen sein.

Wo ist KipsFam zu finden? Wie kann man Kontakt aufnehmen?

Am einfachsten geht das über unsere Homepage: www.blickauf-kipsfam.de
Hier finden Hilfesuchende auch spezielle Angebote aus den einzelnen Region in MV. Wir vermitteln auch gerne zu Fachkräften, die sich vor Ort bereits mit dem Thema beschäftigen.
Einfach eine E-Mail schreiben – wir sind bemüht, so schnell wie möglich zu antworten und je nach An-liegen Informationen, Kontakte o. ä. zu vermitteln. Aktuelle Infos zu unserer Arbeit und zum Thema gibt es auch auf unserem Instagram-Account @blickauf_kipsfam und über unseren Fachnewsletter BlickPost: https://www.blickauf-kipsfam.de/newsletter

 

Alkohol in der Schwangerschaft - Die Arbeit der FASD Beratungsstelle

Lassen Sie uns in diesem Blogartikel einen Blick auf das sensible Thema in unserem Bundesland werfen. Was macht eine FASD Beratungsstelle eigentlich? Was sind die Aufgaben bzw. Arbeitsschwerpunkte? Wie werden Betroffene bzw. Angehörige unterstützt, die Hilfe suchen? Wie wichtig ist Aufklärung?
Diese und noch weitere Fragen beantwortet Cornelia Kirsten von der FASD Beratung für Rostock & M-V.

Hallo Frau Kirsten, danke, dass Sie sich Zeit für den Blog nehmen. Stellen Sie sich bitte einmal kurz vor.

Vielen Dank, dass ich die Beratungsstelle und mich hier vorstellen darf. Ich habe viele Jahre lang an der Uni Rostock ein Lektorat am Sprachenzentrum der Universität Rostock geleitet und Fremdsprachen unterrichtet. Da ich aber seit vielen Jahren Pflegemutter bin, darüber sehr viel Kontakt zum Thema FASD hatte, habe ich im vergangenen Jahr den Sprung gewagt. Mein eigenes Pflegkind hat FASD und die schlechte Versorgungslage für Menschen mit dieser Behinderung bewegt mich seit Jahren. So kamen die Rostocker Stadtmission e.V. und ich als Diplom-Pädagogin und FASD-Fachkraft zusammen und eröffneten im Oktober 2022 gemeinsam die Beratungsstelle für Rostock und das gesamte Bundesland. Ich bin Projektkoordinatorin und FASD-Fachberaterin und sehr glücklich in dieser neuen Tätigkeit.

Seit wann gibt es die FASD Beratungsstelle Rostock & M-V? Was sind Ihre Aufgaben und Arbeitsschwerpunkte?

Die Beratungsstelle wurde am 01.10.2022 eröffnet und zwar nur einen Tag nach Zusage der Förderung durch die Aktion Mensch. Dort hatten wir unser Konzept eingereicht und werden für mind. 4 Jahre durch die Aktion Mensch mitfinanziert. Unsere Beratungsstelle hat sich ihrem Namen entsprechend vor allem Beratung auf die Fahnen geschrieben. Zu uns kommen Menschen mit FASD (und FASD-Verdacht), Familien alles Art mit Kindern mit FASD sowie Fachleute, vorrangig aus pädagogischen und therapeutischen Bereichen, die mit Kindern und Jugendlichen mit dieser Erkrankung bzw. Behinderung arbeiten.
Dazu machen wir Präventionsveranstaltungen in Schulen, Vorträge bei diversen Interessierten und Öffentlichkeitsarbeit in Bezug auf FASD. Wir unterstützen Veranstaltungen, die direkt für Menschen mit FASD angeboten werden und bieten Fortbildungsmöglichkeiten für Fachkräfte.

Wie geben Sie Unterstützung und Hilfe?

Im Präventionsbereich sind wir so wichtig, weil das vermeintliche Allgemeinwissen darüber, dass Alkohol in der Schwangerschaft schädlich für das ungeborene Kind sein kann, nicht wirklich gut verankert ist. Angesichts von 58% der deutschen Schwangeren, die Alkohol konsumieren und 44% der Deutschen, die nicht wissen, dass vorgeburtlich konsumierter Alkohol das Kind nahhaltig schädigen kann, ist Aufklärung für uns wesentlicher Bestandteil unserer Arbeit.

In der Beratung ist das Zuhören das A und O, denn die Ratsuchenden hatten bisher keine fachlich kompetenten Ansprechpartner*innen in MV, die verstehen, wie das Leben mit FASD sich für alle Beteiligten anfühlt. Wir besprechen oft das Helfendennetzwerk und die Möglichkeiten, Unterstützungsangebote anzuzapfen, erklären die Behinderung und ihre Auswirkungen, intervenieren in Krisen z.B. mit Schule oder Arbeitgeber*innen, vermitteln Kontakte zu Diagnostikstellen, beraten bei Hilfeplan- und Teilhabegesprächen usw. Besonders wesentlich ist die Entlastung der Angehörigen, mit denen wir immer wieder schauen, wo dieser Angebote zu finden sind.

Aufklärung zu FASD ist sehr wichtig. Wie fördern Sie die Prävention?

Alkoholkonsum in der Schwangerschaft kann zu fetalen Alkoholschäden führen und das Risiko wird aktuell noch sogar von Fachleuten massiv unterschätzt. Entscheidend ist, dass FASD absolut KEIN ausschließliches Problem suchterkrankter Frauen ist. Alle Frauen, die nicht ab Planung der Schwangerschaft bis zum Ende der Stillzeit bewusst abstinent sind, sind Risikogruppe. Bereits klein(st)e Mengen an Alkohol können das Ungeborene nachhaltig schädigen und dies von Beginn der Schwangerschaft an!
Wir sprechen mit Medien, wir gehen zu diversen Fachtagen, halten Vorträge – idealerweise in der Mitte der Gesellschaft, denn die FASD entsteht genau dort. Die hirnorganischen Schädigungen sind nicht sichtbar, zeigen sich oft nur in auffälligen Verhaltensweisen und darüber klären wir ebenso auf wie über die Entstehung der Behinderung.

Besonders wichtig sind uns Schulprojekte und Präventionsveranstaltungen, um die künftigen Generationen über die Risiken aufzuklären und für Vermeidung von Alkoholkonsum in der Schwangerschaft zu sensibilisieren. Es macht unglaublich viel Spaß, mit den jungen Menschen zu arbeiten, die Fragen und Diskussionen sind immer spannend. Wichtig ist die Nachhaltigkeit und Wiederholung unserer Botschaften, es geht um individuelle und gesamtgesellschaftliche Verantwortungsübernahme.

Wie erkennt man FASD bei Kindern? Welche Anzeichen gibt?

Grundsätzlich gilt FASD als unsichtbare Behinderung, da der Hirnschaden nicht äußerlich erkennbar ist. Unter der Überschrift FASD gibt es drei Diagnosen:

  1. FAS (fetales Alkoholsyndrom) zeigt sich in gewissen Gesichtsmerkmalen und kleinem Wuchs, dazu kommen die Auffälligkeiten des zentralen Nervensystems durch den alkoholbedingten Hirnschaden. Alkohol ist ein Zellgift und geht ungehindert über die Plazenta zum Ungeborenen. Dort beeinflusst er die Entwicklung in unterschiedlichem Maße in Zusammenhang mit verschiedenen Einflüssen. Jedoch wirkt er immer auf das Gehirn, selbst in der Frühschwangerschaft schon. Alkohol löst Hirnzellen und die isolierende Fettschicht um Nervenbahnen auf, so dass weniger Hirnmasse da ist und die Weiterleitung von Nervenreizen z.T. massiv gestört ist. Dadurch entstehen Verhaltensbesonderheiten unterschiedlichster Art. Spätestens ab Schulalter zeigt sich oft die mangelnde Alltagskompetenz als Folge des vorgeburtlichen Alkoholkonsums.
  2. Beim pFAS (partiellen fetalen Alkoholsyndrom) gibt es einige wenige Gesichtsmerkmale, das Wachstum ist unbeeinflusst. Auffallend ist wiederum das Verhalten, jedoch braucht es für die Diagnose Wissen um den Alkoholkonsum der leiblichen Mitter.
  3. Die dritte Diagnose ist ARND (alkoholbedingte, entwicklungsneurologische Schädigungen), die sich nur noch im Verhalten zeigen. ARND ist komplett unsichtbar und leider gibt es mangels Auskunft über vorgeburtlichen Alkoholkonsum diese Diagnose nicht so oft, wie sie nötig wäre.
    Wichtig ist, etwas simpel ausgedrückt: Hat ein Mensch Diagnosen, aber die indizierten Medikamente, Therapien und pädagogische Interventionen aus dem Standardspektrum greifen nicht – liebe Ärzt*innen fragt nach Alkohol in der Schwangerschaft. Es geht nicht um eine Stigmatisierung der Mütter!! Frauen wollen nicht bewusst ihre Kinder schädigen, aber diese Frage hilft, um Verantwortung zu übernehmen und die richtigen Therapien für den Menschen zu finden.

Welche Auswirkungen hat FASD in den verschiedenen Altersstufen (Säugling, Kleinkind, Teenager, Erwachsener)?

Die Auswirkungen sind sehr unterschiedlich. Wir sprechen von einer Spektrumstörung mit 428 möglichen Symptomen, die individuell ausgeprägt sind. Säuglinge fallen oft durch Schluck- und Trinkschwierigkeiten und starke Regulationsstörungen sowie eingeschränkte Motorik auf. Laufen Kinder in der Kita oft noch mit, treten massive Schwierigkeiten häufig im Schulalter auf. Anforderungen sind trotz beispielsweise durchschnittlichem IQ oft zu hoch, da die sogenannten Exekutivfunktionen beeinträchtigt sind – also Handlungsplanung, Motivation, vorausschauendes Denken, Inhibition, geistige Flexibilität usw.

Menschen mit FASD verarbeiten Informationen oft stark verlangsamt und leiden nicht selten unter demenzähnlichem Vergessen. Häufig kommen ADHS, Autismus, Lese-Rechtschreibschwäche, Matheschwäche (Diskalkulie) und andere Diagnosen dazu, sind aber eigentlich Symptome von FASD.
Je älter die Menschen mit FASD werden, desto schwerer wird die Alltagsbewältigung, da Verselbständigung erwartet wird. Diese ist mit vielen Ausprägungen der Behinderung nicht möglich. 80% der Betroffenen sind als Erwachsene in einigen oder allen Lebensbereichen auf Betreuung und Unterstützung angewiesen und dies IQ-unabhängig! FASD ist nicht heilbar.

Können spezielle Therapien oder andere Unterstützungsmaßnahmen bei FASD unterstützend wirken?

Therapien können FASD nicht verändern, aber die Auswirkungen des Störungsbildes minimieren. Auch hier gilt: Kennst du Einen, kennst du Einen! Es muss immer auf die individuelle Ausprägung von FASD beim Menschen geschaut werden, um geeignete Therapien zu finden.
In jungen Jahren profitieren Menschen mit FASD oft von heilpädagogischer Frühförderung, Logopädie, Ergotherapie und Physiotherapie. Ergotherapie und körperbasierte, sinnesorientierte Psychotherapien greifen oft auch gut im Erwachsenenalter. Tiergestützte, naturtherapeutische Angebote können ebenfalls sehr hilfreich sein. Sport und die freie Natur wirken auch bei Menschen mit FASD unterstützend. Bei den Therapien geht es oft es um das Trainieren der Bedürfnis- und Grenzwahrnehmung, das Verstehen von Emotionen und Gefühlen.

Traumatherapie ist schwierig bei FASD, zumindest wenn sie stark kognitiv angelegt ist. Durch das demenzähnliche Vergessen und die stark eigeschränkte Sprachrezeption, also das gestörte Verstehen von Gesprächen und Zusammenhängen beispielsweise gibt es keine Fortschritte und macht ggf. die Lage für Einzelne noch schlimmer. Auch kognitiv angelegte Psychotherapien sind teilweise kritisch zu bewerten.
Im Erwachsenenalter empfiehlt sich Soziotherapie, aber davon gibt es deutlich zu wenig Angebote. Auch andere Therapieformen können hilfreich sein, diese sind aber teils selbst zu bezahlen.

Wichtig ist: auch medikamentöse Therapien haben ihre Berechtigung und können – gut überwacht und mit viel Aufklärung – den Leidensdruck beim Menschen mit FASD senken.

Welche Fragen werden Ihnen am häufigsten von Betroffenen, Familien bzw. Angehörigen gestellt?

Zuerst einmal kommt besonders im Erwachsenenbereich die Frage, wo die Diagnostik machbar ist und die Antwort ist: es ist sehr schwer und gibt kaum Stellen. Die Frage kommt auch im Kinder- und Jugendbereich, da profitieren wir in MV von der Rostocker Kinder- und Jugendpsychiatrie, die eine FASD Spezialsprechstunde anbietet. Aber auch andere MVZs und SPZs diagnostizieren in unserem Bundesland, wobei die Qualität unterschiedlich ist.

Die Menschen kommen tatsächlich aber weniger mit Fragen zu mir, als häufiger mit komplexen Problemlagen. Grundlage dieser Probleme ist (fast) immer mangelndes Wissen, Verständnis und wenig Bereitschaft in der Umwelt, sich mit dem Störungsbild FASD auseinanderzusetzen. Man lastet das auffällige Verhalten dem Kind, Jugendlichen oder Erwachsenen an nach dem Motto: „Du bist faul, verweigerst dich, ignorierst, provozierst, störst usw. Du willst dir keine Mühe geben.“

Tatsächlich ist es aber kein Nicht-Wollen, sondern ein hirnorganisch bedingtes „Nicht-Können“, welches nur falsch interpretiert werden kann, wenn Kita, Schule, Ärzteschaft, Arbeitsplätze, Nachbar*innen, Freund*innen … die gesamte Gesellschaft nicht endlich FASD verstehen lernt.
Menschen mit FASD WOLLEN dazu gehören, sie wollen sich anpassen und gemocht werden, sie sind einfach Menschen! Leider macht die Behinderung dies oft schwierig, wenn das Umfeld nicht aufgeklärt ist. Die Gesellschaft muss sich anpassen, die Schule, die Arbeit. Denn Menschen mit FASD können diese Anpassungsleistung bei allem Wollen nicht vollbringen.

Kontaktaufnahme: Wo ist die FASD Beratungsstelle zu finden? Wer ist Träger der Beratungsstelle?

Wir sind auf vielfältigem Wege erreichbar. Die Rostocker Stadtmission e.V. als Träger der Beratungsstelle hat eine Website eingerichtet mit den wesentlichen Informationen: https://rostocker-stadtmission.de/fasd-beratungsstelle-m-v Wir beraten vor Ort, telefonisch und per Email sowie Videokonferenz.

Auch bei Social Media sind wir vertreten: www.facebook.com/FASDBeratungsstelleHROundMV oder www.instagram.com/fasd_beratungsstelle_mv/ Am schnellsten nehmen Sie über die Telefonnummer 0151 22420953 mit uns Kontakt auf oder per fasd@rostocker-stadtmission.de

Wir freuen uns, von Ihnen zu hören, sollten Sie Interesse an der Arbeit haben, Fortbildungswünsche oder Beratungsanliegen haben!

Vielen Dank für Ihre Zeit & Ihr Engagement!

 

Betrugsmaschen und Enkel-Trick: Sicher leben im Alter

Informieren Sie sich im Rahmen dieses Blogartikels über Betrugsmaschen und wie Sie sich davor schützen können. Das Landeskriminalamt Mecklenburg-Vorpommern hat uns dafür Rede und Antwort gestanden.

Trickstraftaten - Wie hat sich die Fallrate entwickelt?

Im vergangenen Jahr hat sich die Fallrate der erfassten Trickstraftaten zum Nachteil älterer Menschen (ü60-Jährige) um 12,6 Prozent erhöht (gesamt 2022: 3150 Fälle). Von 2021 auf 2022 haben sich die vollendeten Taten leider mehr als verdoppelt (von 283 auf 622). Die Zahl steht den versuchten - der Polizei bekannt gewordenen - Taten von 2528 gegenüber. Die Schadenssumme lag im vergangenen Jahr bei 4.076.905 Euro (Anstieg um 37,5 Prozent zu 2021).
Ein Vergleich der Fallzahlen aus dem ersten Quartal in 2023 mit dem ersten Quartal 2022 zeigt bereits eine steigende Tendenz, vor allem im Bereich der Straftaten, die ein Bekanntschafts- oder Verwandtschaftsverhältnis vorgaukeln.

Welche Wege des Betruges werden besonders oft gewählt?

Täter passen ihre Begehungsweisen fortwährend der gesellschaftlichen und technischen Entwicklung an. Besonders perfide ist, dass sie mit der Hilfsbereitschaft gerade älterer Menschen rechnen und diese schamlos ausnutzen. Hierfür werden vielseitige Tricks angewandt. Am bekanntesten ist der „Enkeltrick-Betrug“. Auch in MV ist das Vortäuschen von Verwandtschafts-/Bekanntschaftsverhältnissen die am häufigsten gemeldete Begehungsweise. Mittlerweile schildern Täter nicht nur noch als vermeintliche „Enkel“ finanzielle Notlagen, sondern geben sich auch per Messenger als z.B. Kind aus. Das Auftreten falscher Amtspersonen (falsche Polizeibeamte) ist ein ebenso häufiges Phänomen. Weitere Begehungsweisen sind der Gewinnspielbetrug (Vorauszahlung von Gebühren, um den Gewinn zu erhalten) und die Drohung aufgrund vermeintlicher Schulden (beispielsweise eine Kontopfändung).

Telefon

Ist grundsätzlich jeder/jede ein potenzielles Opfer oder gehen die Täter nach bestimmten Auswahlkriterien vor?

Das Opferrisiko älterer Menschen ist grundsätzlich geringer als das anderer Bevölkerungsgruppen. Dennoch können sie in Bezug auf den Deliktsbereich Betrug und Eigentum aufgrund körperlicher Einschränkungen oder fehlender sozialer Integration gefährdeter sein. Viele ältere Menschen müssen sich auf neue Lebenssituationen, z.B. Eintritt in den Ruhestand, Verlust des Partners oder anderer Bezugspersonen, Krankheiten, Konflikte mit nahestehenden Personen usw. einstellen. Damit verbunden sind häufig mangelnde soziale Kontakte.

Gleichzeitig können sie auf Dritte, z.B. im Bereich der Pflege, angewiesen sein. Diese Faktoren begünstigen den Verlust bzw. die Veränderung von erlernten Kompetenzen wie z.B. Handlungs- und Sozialkompetenz sowie Handlungsmuster und können somit ausschlaggebend für einen Anstieg der Kriminalitätsfurcht ebenso wie der Opferwerdung sein.

Aufklärung, Stärkung des Selbstbewusstseins und die Sensibilisierung für mögliche Gefahren im Alltag sind wichtige Bestandteile der Präventionsarbeit für die Zielgruppe 60 plus.

Welcher Fall ist Ihnen besonders im Gedächtnis geblieben?

Besonders erfreulich sind immer jene Fälle, in denen die Täter an pfiffigen älteren Menschen scheitern oder in denen aufmerksame Taxifahrer, Bankmitarbeiter oder Personen aus der Nachbarschaft couragiert handeln und den Betrug verhindern.

Positive Fallbeispiele (länger zurückliegend) aus Hagenow und Schwerin:
In Hagenow entlarvte eine Seniorin eine Enkeltrickbetrügerin am Telefon, die zuvor 20.000 Euro verlangt hatte. Hintergrund sei ein angeblicher Verkehrsunfall gewesen, den die Anruferin schuldhaft verursacht hätte. Um die Polizei aus dieser Angelegenheit herauszuhalten, hätte sie dem am Unfall beteiligten Autofahrer versprochen, die Reparaturkosten für sein beschädigtes Auto zu erstatten. Dafür benötige sie jedoch sofort Bargeld. Die Anruferin gaukelte der Seniorin vor, zur Familie zu gehören. Während des Telefonates bemerkte die Seniorin jedoch den Schwindel und sagte der Anruferin „auf den Kopf zu“, dass sie den Trick durchschaut habe und sie es nicht mehr versuchen solle. Daraufhin sei die Anruferin verdutzt gewesen und das Telefonat wenig später beendet.

Richtig war die Reaktion einer 93 Jahre alten Dame aus Schwerin. Die Seniorin wurde von einer Unbekannten angerufen, in der sie ihre Nichte zu erkennen glaubte. Die Betrügerin täuschte in dem Gespräch eine dringende finanzielle Notlage vor und versuchte, die Dame zur Übergabe eines Bargeldbetrags zu überreden. Der Seniorin kam die Anruferin jedoch zu Recht komisch vor. Sie beendete das Telefonat daraufhin umgehend. Zu einer Geldübergabe kam es nicht und die Betrügerin ging leer aus. Die Polizei wurde unmittelbar nach dem Vorfall informiert.

Dass Täter leider nach wie vor Erfolg haben, macht die Statistik deutlich. So beispielsweise in Bad Kleinen und Teterow geschehen:
Eine 67-jährige Frau erhielt am Valentinstag eine WhatsApp-Nachricht von ihrer vermeintlichen Tochter, die sich mit einer unbekannten Telefonnummer meldete. Ihr Handy sei beschädigt und sie müsse dringend eine Überweisung tätigen, was ihr mit dem kaputten Handy nicht möglich sei, hieß es. Daraufhin überwies die Rentnerin die geforderte Summe von knapp 3.500 Euro. Auch eine zweite Überweisung für die falsche Tochter veranlasste die 67-Jährige.

Unter dem Vorwand, er sei Polizeibeamter und müsse gestohlenen Schmuck, der wiedergefunden worden sei, vergleichen, gelangte ein angeblicher Polizist in Teterow in die Wohnung einer 82-jährigen Frau. Dort lenkte er sie ab und stahl ihren Schmuckkasten mit dem gesamten Inhalt.

Die wichtigste Frage in dem Zusammenhang: Was kann man tun, um sich vor derartigen Betrugsmaschen zu schützen?

Besonders hilfreich sind die Tipps der Polizeilichen Kriminalprävention der Länder und des Bundes:

Wenn man merkt, dass man doch Opfer von Betrügern geworden ist, wie geht man vor?

Das Anzeigen von Betrugstaten, ob versucht oder vollendet, kann zum einen der Polizei helfen, Zusammenhänge zu erkennen, zum anderen aber auch, andere Personen zu sensibilisieren und im besten Fall Täter zu überführen. Eine Anzeige kann in jeder Polizeidienststelle oder auch über die Onlinewache erstattet werden. In einer akuten Situation ist eine Mitteilung über den Polizeinotruf ebenso hilfreich. Eine Anzeige ist in den meisten Fällen auch wichtig, um Opferrechte wahrnehmen und Ansprüche geltend machen zu können. (Empfehlung: YouTube Video "Opfer helfen- aber wie? Warum eine Anzeige erstatten?")

Vielen Dank an das Landeskriminalamt Mecklenburg-Vorpommern!

Trennung - Eine Herausforderung für alle Familienmitglieder

Wie lange brauchen Kinder, um eine Trennung zu verarbeiten?

Nach einer Trennung hat sich der Alltag komplett verändert und verlangt große Anpassungsleistungen von allen Beteiligten ab. Das Alter des Kindes, sein Temperament, die bisherige Beziehungsqualität zu den Eltern, das Verhältnis zu anderen familiären Bezugspersonen sowie der Umgang der Eltern mit der Trennung stellen Einflussfaktoren dar, wie ein Kind die Trennung seiner Eltern verarbeitet. Pauschalieren kann man das demnach nicht. Für Kinder bedeutet die Trennung ihrer Eltern eine große Verunsicherung und es kann zudem Ängste schüren: Wenn ein Elternteil plötzlich geht, woher soll das Kind wissen, dass der andere das nicht auch noch tut und es dann ganz allein ist? Die Veränderungen durch die Trennung befeuern das kindliche Bindungssystem enorm. Eine Trennung der Eltern zu erleben ist noch herausfordernder, wenn die Mädchen und Jungen den andauernden Streit und die Auseinandersetzungen ihrer Eltern über einen längeren Zeitraum miterleben. Ein bedeutsamer Grundsatz ist, dass wir dem Kind Geduld entgegenbringen sollten, denn es braucht Zeit, sich an diese neue Lebenssituation anzupassen. Zudem hat jedes Kind sein eigenes Tempo und nebenbei noch andere Entwicklungsaufgaben, die es zu meistern hat.
Anika Waschkawitz

Was sollten Eltern beachten, um das Wohl ihrer Kinder im Blick zu behalten?

Die wichtigste Erfahrung, die ein Kind nach der Trennung seiner Eltern machen sollte, ist, dass es die Sicherheit erlangen muss, dass es gar keinen Elternteil verlieren wird, sondern sich „lediglich“ das Zusammensein mit den Eltern anders gestaltet. Ein Kind liebt immer beide Elternteile. Was das Trennungskind demnach dringend braucht, um nicht in einen Loyalitätskonflikt zu geraten, ist das Einverständnis, dass es weiterhin beide Eltern lieben darf. Wichtig ist deshalb, klarzumachen: "Wir trennen uns, aber wir bleiben deine Mama und dein Papa- ein Leben lang".

Mit der Trennung der Eltern werden bei dem Kind eine Vielzahl an Emotionen hervorgerufen. Mädchen und Jungen müssen die Möglichkeit erhalten, dass sie diese Gefühle ausdrücken dürfen und dass ihnen dabei geholfen wird, diese in einer konstruktiven Weise zu bewältigen. Dazu ist es notwendig, die eigene Haltung zu Emotionen zu überdenken, denn nicht selten werden kindliche Emotionen noch immer als eine Last im Familienalltag angesehen. Wenn Kinder jedoch lernen, ihre Gefühle zu unterdrücken, kann das fatale Folgen haben. Ein wichtiger Aspekt stellt dabei auch der Umgang mit unseren eigenen Emotionen dar. Eine Trennung ist ein Wandlungsprozess für alle Beteiligten. Man darf sich in der Rolle als Mutter oder Vater auch die Zeit geben, um die eigenen Gefühle zu ordnen, denn nur so kann man Kurs auf eine neue Zukunft nehmen. Gerade in Krisenzeiten muss Eltern bewusst sein, dass es ihre Aufgabe ist, ihre Kinder zu begleiten, mit dieser Herausforderung umzugehen. Kinder entwickeln dadurch ein inneres Konzept, das sie bei einer anderen Krise im Leben anwenden werden. Darum ist es von großer Bedeutung, dass Eltern sich Hilfe holen, wenn sie spüren, dass sie von ihren eigenen oder den Emotionen ihrer Kinder überrollt werden.

Mädchen schaut traurig in die Ferne

Was hilft konkret im Alltag?

In dieser Umbruchszeit der Elterntrennung helfen klare Strukturen im Alltag. Das betrifft einerseits die Verlässlichkeit, wenn es um den Umgang mit beiden Elternteilen geht, aber andererseits auch ein strukturierter Tagesablauf, der ebenso Orientierung und Sicherheit bietet. Dabei spielen Rituale eine bedeutungsvolle Rolle, denn sie bestätigen die vorhandene Beziehung, den persönlichen Zusammenhalt und geben Stabilität. Die Gestaltung der Zeit mit den Kindern wird nun eine neue Dimension erreichen, da man die Kinder zu bestimmten Zeiten einfach nicht mehr bei sich haben wird, wenn sie Umgang mit dem anderen Elternteil haben. Die Frage ist demnach, wie wir die Zeit mit unseren Kindern gestalten wollen? Woran sollen sich unsere Kinder einst erinnern, wenn sie von ihrer Kindheit sprechen? Diese wesentliche Frage lässt uns daran erinnern, welchen Platz wir als Mama oder Papa für unser Kind einnehmen wollen. Die Gestaltung bewusst freudvoller Momente stärken nicht nur das Band zwischen Elternteil und Kind, sondern stellen zudem einen Schutzfaktor dar, wenn es sich um die psychische Widerstandsfähigkeit handelt.

Was ist Ihre Aufgabe / Ihr Angebot bzw. womit können Sie Trennungskindern helfen?

Eltern berate ich ganzheitlich in ihrer individuellen Trennungssituation und stärke sie, um die gemeinsame Elternverantwortung für ihre Kinder ausüben zu können. Am Anfang steht dabei das Bewältigen von eigenen Emotionen, denn unter negativen Emotionen können keine vernünftigen Entscheidungen getroffen werden und somit dem Aufbau einer von der Paar-Ebene getrennten Elternschaft im Wege stehen. Ich helfe betroffenen Müttern und Vätern ganz bewusst von ihrem bisherigen gemeinsamen Leben und von den damit verknüpften Hoffnungen und Gewohnheiten Abschied zu nehmen, damit sie neue Zieldimensionen entwickeln können, wobei sie neben dem Fokus auf das Kind, auch sich selbst nicht aus dem Blick verlieren. Die Neukonzeptualisierung des Selbstbildes spielt nämlich eine wichtige Rolle nach der Elterntrennung: Wer bin ich jetzt als getrennt lebende Frau oder getrennt lebender Mann? Aber auch Biografie-Arbeit stellt einen wesentlichen Aspekt in der Begleitung von Trennungsfamilien dar, denn jeder Mensch trägt seine eigene, unsichtbare Lebensgeschichte in sich, die Wünsche, Motivationen, aber auch implizite Abneigungen und Vermeidungsstrategien beinhaltet.

Für Kinder biete ich sogenannte Trennungskindergruppen an, in denen Kinder sich mit anderen betroffenen Mädchen und Jungen austauschen können und ihnen der Raum für alle Emotionen gehalten wird. Somit begleite ich Kinder einfühlsam durch ihren individuellen Trauerprozess. Ziel ist es, Kindern die Möglichkeit zu bieten, sich ihrer eigenen Gefühle bewusst zu werden, ihre Gefühle auszudrücken, einen konstruktiven Umgang mit diesen zu erlernen sowie Empathie mit und für andere zu entwickeln. Sie erfahren sich als aktive Gestalter ihres Lebens und lernen sich selbst besser kennen und verstehen. Die Mädchen und Jungen können in solch einer Gruppe erleben, dass sie mit ihrer Verlusterfahrung nicht allein sind. Wir gehen gemeinsam ein Stück des Weges und das gibt Halt in dieser herausfordernden Zeit der Elterntrennung.

Pädagogischen Fach- und Lehrkräften stehe ich zur Seite, indem ich ihnen Wege aufzeige, wie sie Trennungsfamilien im Kontext Kita oder Schule ganzheitlich unterstützen können. Zudem biete ich Trennungskinder-Gruppen auch niedrigschwellig in der jeweiligen Schule oder Kita für betroffene Kinder an. Ich stärke die Erziehungs- und Bildungspartnerschaften in den frühkindlichen Bildungsinstitutionen, indem ich thematische Themenabende für Eltern zu dieser herausfordernden Thematik durchführe. Bei Bedarf führe ich auch Elternkurse in Schulen und Kitas durch und begleite damit betroffene Familien bei ihrem individuellen Prozess zu einer lebenslangen, gemeinsamen Elternschaft. Da das Thema sozial-emotionale Kompetenzen für die Entwicklung von Kindern von ganz besonderer Bedeutung ist und zum gesetzlich verankerten Bildungsauftrag gehört, sensibilisiere ich pädagogische Fach- und Lehrkräfte für die Bedeutung von Emotionen hinsichtlich frühkindlicher Bildungsprozesse.

Bei Interesse oder weiteren Informationen nehmen Sie gern direkt den Kontakt auf unter info@emotionsbewegung.de. In einem Expertenchat können Sie bald auch konkrete Fragen zu Ihrer Trennung stellen, beispielsweise zur richtigen Wahl des Betreuungsmodells oder aber wie sie Ihren Kindern von Ihrer Trennung erzählen sollen. Den Termin erfahren Sie über die Website der FamilienInfo MV.

Vielen Dank für das Gespräch!

Weitere Informationen zum Thema Trennung finden Sie in unserer gleichnamigen Lebenslage auf der FamilienInfo MV.

Zwillinge und Mehrlinge: Ein Alltag mit Herausforderungen

Josefine Vetter, Leiterin der LELA Familienbildungsstätte in Waren (Müritz) und Mutter von Zwillingen gibt Tipps aus persönlicher und fachlicher Sicht.

Zwillinge zu haben ist eine doppelte Herausforderung, aber auch doppeltes Glück. Wie sah ein typischer Tagesablauf mit Zwillingsbabys aus?

Unser typischer Tagesablauf begann meist mit dem Stillen meiner beiden Töchter. Anschließend habe ich die beiden gewickelt und umgezogen. Wenn dann noch Zeit war, habe ich sie zu ihrem Papa in das Bett gelegt und wir haben zu viert gekuschelt, bis mein Partner sich für die Arbeit fertig machen musste. Dann begann der Tag erst so richtig. Ab 7:30 Uhr war ich mit meinen Töchtern alleine und wir haben gespielt, gekuschelt, gesungen und natürlich im Akkord Windeln gewechselt. Zwischendurch habe ich sie gestillt und in ihren späteren Monaten den Mittagsbrei zubereitet. In dieser Zeit habe ich die Wippen der beiden lieben gelernt. Da meine Töchter rund um die Uhr unterhalten werden wollten, konnten sie mich so beim Essen zubereiten beobachten. Dann gab es Mittag. Dabei habe ich meinen Töchtern den Löffel immer im Wechsel gegeben und wehe, es ging nicht schnell genug, dann wurde auch mal kräftig gemeckert. Das ist etwas, was Mehrlinge schon früh lernen. Wenn das Geschwisterchen an der Reihe ist, sei es beim An- und Ausziehen, füttern oder bei der Sauberkeitserziehen, dann muss man Geduld haben und warten.

Nach dem Mittagsbrei habe ich meine Töchter gewickelt und angezogen, um mit ihnen mindestens zwei Stunden spazieren zu gehen. Das war immer die Zeit am Tag, in der ich etwas entspannen konnte. Wieder zu Hause angekommen gab es erst etwas zu essen und anschließend haben wir wieder gespielt. Nach dem Abendbrot habe ich meine Töchter gebadet und für das Bett fertiggemacht. In dieser Zeit kam meist ihr Papa von der Arbeit nach Hause und wir haben die beiden gemeinsam in ihr Bett gebracht. Nun war die Zeit zum Aufräumen und Wäsche waschen, um anschließend noch etwas Zweisamkeit genießen zu können und um alles Wichtige zu besprechen.

Tipp von Josefine Vetter: Ihr könnt Euch auch Unterstützung und Rat holen bei den Frühen Hilfen, da diese Angebote für Eltern ab der Schwangerschaft und Familien mit Kindern bis drei Jahre umfassen. Von praktische Hilfen, Beratung, Vermittlung und Begleitung. Auch die Website www.elternsein.info und deren Instagram-Kanal (@elternsein_info) ist praktisch und versorgt Euch mit Tipps, Alltagshilfen und Ansprechpartner*innen.

Wo fanden Sie tatkräftige Unterstützung? Kontakt zu anderen Zwillingseltern bzw. Mehrlingseltern?

Leider gab es während meiner Schwangerschaft und innerhalb des ersten Jahres keinerlei Kontakte zu anderen Zwillings- und Mehrlingseltern. Wir wohnten zur damaligen Zeit noch in einer kleinen Stadt in Brandenburg und dort gab es keinerlei Angebote für werdende und frisch gebackene Eltern. Ich hatte das Glück, eine wundervolle Hebamme an meiner Seite gehabt zu haben. Sie hat neben ihren Hausbesuchen auch Gruppen für werdende Eltern, Babymassage und Babyschwimmen angeleitet. So hatte ich wenigstens einmal in der Woche die Gelegenheit, mit anderen frisch gewordenen Müttern ins Gespräch zu kommen und Alltagstipps auszutauschen.

Daher bin ich umso glücklicher, dass wir als Familienbildungsstätte, aber auch viele andere Einrichtungen unserer Region (Landkreis Mecklenburgische Seenplatte) ähnliche Kurse für werdende Eltern und Eltern mit ihren Babys anbieten. Mir hat der Austausch mit anderen Mehrlingseltern sehr gefehlt, denn eine Mehrlingsschwangerschaft und die erste Zeit mit Mehrlingen ist etwas anderes als die Schwangerschaft und Zeit mit einem Baby. Ob es nun die Einrichtung des Kinderzimmers, das Stillen mit zwei Babys, das Wickeln, Baden, Schlafen oder Füttern ist. Alles ist doch etwas anders und in den Unterhaltungen mit Eltern von einem Baby wird man als Zwillingsmutter immer irgendwie gesondert behandelt und mitleidig angesehen.

Tipp: Auf dem Portal der FamilienInfo MV findet Ihr unter dem Punkt Familienleistungen unter anderem auch Informationen zum Elterngeld, zur Elternzeit, zu Familienhebammen, den Frühen Hilfen in MV und vieles mehr.

 

Welche praktischen Tipps können Sie (werdenden) Zwillingseltern bzw. Mehrlingseltern mit auf dem Weg geben?

Das A und O ist ein gut strukturierter und vorbereiteter Tagesablauf. Die Vorbereitung von Flaschen, Essen, Kleidung, einem gut ausgestatteten Wickeltisch und Ersatzschnuller haben mir so manchen Tag erleichtert. Etwas was ich jeder Mehrlingsfamilie empfehlen würde, sind Wippen für die Kleinen. Die Babys können sich in ihnen sehr gut beschäftigen (wippen, spielen, beobachten), haben alles genau im Blick und können in jeden Raum "mitwandern". Zeitgleich sind sie ideal um beide Babys nebeneinander zu füttern. Dabei ist es am besten gleich die doppelte Portion vorzukochen oder aufzutauen, um die eine Hälfte des Essens zu pürieren und zu verfüttern und die zweite Portion selbst zu essen.

Für das Stillen kann ich ein Zwillingsstillkissen sehr empfehlen. Die Babys können leicht gleichzeitig gestillt werden und als Mutter sitzt man einfach bequem und hat beide gut im Griff. Ein weiterer Rat den ich allen Mehrlingseltern, vor allem den Müttern, mitgeben würde, betrifft das Thema Schlafen. Im ersten Jahr ist das größte Problem der Schlafmangel. Im besten Fall melden sich eure Babys zeitgleich einige Male in der Nacht, im schlimmsten Fall wechseln sie sich nacheinander ab und das die ganze Nacht hindurch. Egal welche Variante einen ereilt, der mangelnde Schlaf ist da und muss, so gut es geht, aufgeholt werden.

Ich kann in dieser Zeit JEDER Mutter, egal ob ein Baby oder mehrere nur sagen: Nutzt jede Sekunde Schlaf, die sich euch anbietet. Lasst den Haushalt auch mal Haushalt sein und seid achtsam mit euch. Denn Energie die einem fehlt, macht den Alltag sonst noch mühsamer. Es ist ein so wunderschönes Gefühl mit seinen Kindern zu kuscheln, zu schlafen und die gemeinsame Zeit zu genießen. Da der Nachtschlaf der erholsamste ist, solltet ihr euch mit eurem Partner abwechseln und eine für euch geeignete Lösung entwickeln.

Vielen Dank für den Erfahrungsbericht!

Hintergrundinformationen: Die Frühen Hilfen in Mecklenburg-Vorpommern umfassen verschiedene Unterstützungsangebote. Diese werden in Netzwerken Frühe Hilfen koordiniert. Hier arbeiten Fachkräfte aus unterschiedlichen Bereichen der Frühen Hilfen zusammen: Fachkräfte aus dem Gesundheitswesen, der Schwangerschaftsberatung, der Frühförderung und der Kinder- und Jugendhilfe und noch viele mehr.

Die Fachkräfte tauschen ihr Wissen über ihre jeweiligen Angebote aus und stimmen diese aufeinander ab, um Sie als Familie bestmöglich unterstützen zu können. Netzwerkkoordinator*innen steuern und begleiten die Vernetzungsarbeit in ihren Landkreisen & kreisfreien Städten.